«Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.» Hermann Hesse         «Die Schönheit der Dinge lebt in der Seele dessen, der sie betrachtet.» David Hume         «Leben ist das, was passiert, während du andere Pläne schmiedest.» John Lennon         «Erfolg erfordert keine Gründe, Misserfolg duldet keine Entschuldigung.» Napoleon Hill         «Das Wichtigste im Leben finden wir nicht durch intensive Suche, sondern so, wie man etwa eine Muschel am Strand findet. Im Grunde findet es uns.» Jennifer Düing         «Das Unmögliche ist oft nur das unversucht Gebliebene.» Brigit Geigenberger         «Die wahre Kunst ist die Unwirklichkeit zu üben.» Lovis Corinth         «Denken ist die Arbeit des Intellekts, Träumen sein Vergnügen.» Victor Hugo         «Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Aussergewöhnliche ihren Wert.» Oscar Wilde         «Die Realität wird weit überschätzt. Aber sie ist immer noch der einzige Ort, wo man ein anständiges Steak bekommt.» Woody Allen         «Die wahre Lebenskunst besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen.» Pearl S. Buck         «Was dein Wort zu bedeuten hat, erfährst du durch den Widerhall, den es erweckt.» Marie von Ebner-Eschenbach         «Du siehst Dinge und fragst: Warum? Ich träume von Dingen und frage: Warum nicht?» George Bernhard Shaw         «Ich glaube, typisch für mich ist es, die Antworten nicht genau zu kennen, aber ein bisschen etwas über die Fragen zu wissen.» Nora Ephron         «Die Intelligenz rennt dir nach, aber du bist schneller!» (Unbekannt)         «Lesen ist ein Abenteuer, das jedes Mal neu auf Seite 1 beginnt.» Burkard Spinnen         «Ich schreibe aus demselben Grund, aus dem der Leser liest – ich will wissen, was als Nächstes passiert.» Jonathan Raban         «Lachen ist die zivilisierteste Form der Musik.» Sir Peter Ustinov         «Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.» Václav Havel         «Hoffnung ist ein Federspiel, das leicht im Herzen schwebt.» Emiliy Dickinson         «Hätte sie jemand ganz brutal gefragt, was sie denn erwarte, hätte sie vielleicht gesagt: Das Wunderbare.» Anaïs Nin         «In der Kühnheit liegt Genie, Macht, Magie.» Johann Wolfgang von Goethe         «Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.» Victor Hugo         "Fantasie ist der Versuchsballon, den man am allerhöchsten steigen lassen kann." Lauren Bacall         «Das Leben besteht nicht aus den Momenten in denen du atmest, sondern aus den Momenten, die dir den Atem rauben ... » (Unbekannt)         «Zwischen zu früh und zu spät liegt immer nur ein Augenblick.» Franz Werfel         «Irrtümer sind die Pforten zur Entdeckung.» James Joyce         «Heiterkeit ist eine der grössten Anziehungskräfte - sie wirkt wie ein Magnet!» Steevie van der Veen         «Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu.» Ödön von Horvath         «Unsere Sehnsucht gehört den Büchern. Weil wir uns in diesem schnellen und wilden Leben nach Inseln sehnen, auf denen es auf einmal ganz still ist.» Karl Ritter         «Die ideale Leserin: fein-, scharf-, tiefsinnig ... .» Karin Unkrig         «Zärtlichkeit ist eine hautnahe Verehrung.» Jean Paul Belmondo         «Musik ist die Poesie der Luft.» Jean Paul         «Zeit ist nicht das Wichtigste, sondern das Einzige.» Miles Davis  
 

Die Kunst Fehler zu machen

Juventus, Diplom-Ansprache vom 8. Juli 1999
(Zufthaus zur Meisen, Zürich)

 

Liebe Diplomandinnen, Liebe Diplomanden
Geschätzte Anwesende

 

Wann sind Sie zum letzten Mal gestolpert? Haben sich heute schon geirrt? Ist Ihnen letzthin ein Fehler unterlaufen?
Fehler! dieses Wort ist höchst unbeliebt. Heute, unmittelbar nach den Prüfungen, können Sie es möglicherweise kaum noch hören. Galt es doch, genau das zu nicht zu tun. Fehler heisst falsch, Fehler geben Abzüge, Fehler sind etwas, was es zu vermeiden gilt. Sie erinnern sich: Im Diktatheft wird meistens die Anzahl Fehler angestrichen, und am Schluss sorgsam zusammengezählt. Die Summe der falsch geschriebenen Wörter, der ausgelassenen Kommas oder Punkte ergibt die Note: Nicht etwa die Anzahl der richtigen Wörter und Satzzeichen! Das wäre ja auch eine Möglichkeit (und würde die Aufmerksamkeit auf das lenken, was als Ziel hinter dem Ganzen steht).

 

Die negative Fixierung auf Fehler führt zu einer eigentlichen Furcht vor Fehlern. Unangenehme Erlebnisse wie Ausgelacht werden, eine öffentliche Rüge oder der Patzer beim Bewerbungsgespräch tragen das ihre dazu bei. Solch kritische Momente prägen sich in unser Gedächtnis ein, sie stacheln uns an, Fehlern vorzubeugen, auszuschalten, aufzuholen, zu überdecken, zu kompensieren oder auszublenden.
Trotz der gesellschaftlich propagierten Null-Fehler-Kultur sind Fehler nicht so selten, wie wir das gerne hätten. Mittlerweile gibt es das Lexikon der populärsten Irrtümer der Welt. Es findet reissenden Absatz und zählt zu begehrtesten Nachschlagewerken in öffentlichen Bibliotheken.

Gleichwohl blenden wir Fehler – insbesondere die eigenen – gerne aus. Dieser Verdrängungseffekt ist um so fataler, als dass selbst Genies nicht  vor Missgeschicken, Unaufmerksamkeiten und Fehlüberlegungen gefeit sind. Nicht selten handelt es sich um Rückschläge, die auf dem voreiligen Ausschliessen von Fehlern beruhen, im Sinne von: «Es wird schon alles richtig, was sollen wir uns da den Kopf über mögliche Pannen zerbrechen…»

Mit der Schilderung dreier aufsehenerregender Fälle aus der Städteplanung möchte ich Ihnen einerseits vor Augen führen, dass selbst international bekannte Architektinnen und Architekten nicht von Fehlern verschont bleiben, andererseits möchte ich Ihnen die Scheu vor dem Einberechnen und Eingestehen eigener Fehler nehmen.
Raymond Hull, ein bekannter Fehlerforscher, beobachtete anfangs der 70er Jahre eine in sich zusammenbrechende Autobahnbrücke, deren Stützpfeiler trotz mehrfacher Kontrollen letztlich falsch konstruiert waren. Die Statiker/innen hatten das Gewicht der überfahrenden Autos nicht einberechnet …

 

Die Inbetriebnahme von drei gigantischen Kühltürmen geriet in England zum Desaster: Jeder Turm hatte eine Million Dollar gekostet, aber die Kolosse waren nicht stabil genug. Ein kräftiger Windstoss genügte, um sie zu kippen.
Unvergessen ist die Frankfurter U-Bahn-Geschichte. Als die Nahverkehrsexpert/innen zum Ortstermin geladen waren, stellten sie mit Schrecken fest, dass 27 fabrikneue U-Bahn-Wagen ins neue, aber nicht ins alte Schienennetz passten. Die hoch angesetzten Türen stimmten nicht mit den niedrigen Perrons überein, beim Aussteigen mussten die Fahrgäste springen, zum Einsteigen erst Anlauf holen. Auf den Strecken in den Nördlichen Stadtteilen lagen die Gleise zudem so eng beieinander, dass ein Gegenverkehr unmöglich war.

«Planung ist die Ersetzung des Zufalls durch den Irrtum». Dieser Satz stammt aus dem Buch «Fehler richtig geplant – ein Ratgeber für kreative Fehlplaner/innen». Die vier Autoren haben Raumplanung studiert, heute arbeiten sie in anderen als den ursprünglich erlernten Berufen. Kreative Querdenker werden überall gebraucht. Raumplanerinnen übrigens auch …
«Planung ist die Ersetzung des Zufalls durch einen Irrtum». Diese Aussage führt vor Augen, dass wir dem Zufall schutzlos ausgeliefert sind, während wir als Planende die Möglichkeit (und die Chance) haben, Irrtümer und Fehler einzubeziehen: Mit dem Ziel, sie zu erkennen und zu reduzieren.

 

Mit der Zeit gelingt es, von der suggerierten Unfehlbarkeit abzurücken, aus Fehlern zu lernen, sie ins Gegenteil zu kehren und die gewonnenen Erkenntnisse ins nächste Projekt einfliessen zu lassen. Die Frankfurter jedenfalls messen jetzt immer zuerst die Gleisstrecken aus, bevor sie das Rollmaterial bestellen. Und sie setzen einen Testlauf mit den potentiellen Benützer/innen an.

 

Der Erfahrungsvorsprung nach einem groben Fauxpas ist unermesslich. So wie im Falle eines Ingenieurs, welcher bei der Fertigstellung der grossen Baseball-Hall in Houston feststellen musste, dass die gewählten Oberlichter zwar einen tollen optischen Effekt erzielen, die Halle jedoch unbespielbar machen. Es hat derart geblendet, dass die Spieler/innen hochfliegende Bälle gar nicht erst erkennen, geschweige denn erwischen konnten.

 

Fehler nerven, sie schmerzen, nagen am Ego und fordern es heraus! Fehler regen zum Nachdenken an; in einer Weise, wie wir es ansonsten nicht getan hätten. Sackgassen, Niederlagen und Scheitern prägen uns nachhaltiger als leicht zugefallene Erfolge. Zumal ein erster Fehlversuch auch der Weg zur Lösung weisen kann.

 

Fehler zu machen und dazu zu stehen, hilft Fehler kreativ einzusetzen. Anstatt darüber zu grübeln, weshalb wir Dinge tun, von denen wir wissen, dass sie zwar ungefährlich, aber auch unnütz sind, könnte die Frage lauten: Weshalb schrecken wir derart vor Fehlern zurück? Wenn sie doch tagtäglich geschehen und wir trotzdem weiterleben?? Behindert uns die Furcht vor Fehlern nicht zu sehr in unserem Handeln, so dass wir nur noch mehr Fehler provozieren? Klassische Denkfallen sind die Folge. Selbst kluge Köpfe verfangen sich darin[1].

 

Perfektionismus gehört zu diesen Fallstricken. Der Drang, in allem, was mann/frau tut, perfekt zu sein. Es klingt zunächst einleuchtend, und niemand bestreitet, dass es Sinn macht, hohe Massstäbe zu setzen. Perfektionismus wird jedoch heikel, wenn die Massstäbe so hoch sind, dass sie niemand erreichen kann. Das Streben, hundertprozentig perfekt zu sein, führt im schlimmsten Fall zu null Prozent Ergebnis: eine doppelte Verlustrechnung.

 

Oder die Vergleichssucht. Gegenüberstellen und Vergleichen ist eine verbreitete, oft auch hilfreiche Methode, um Unterschiede herauszuarbeiten. Viele Leute erschweren sich das Leben zusätzlich, indem sie negative Aspekte ins Zentrum stellen; zu sehr auf andere hören, die von spektakulären Misserfolgen berichten. Das ist äusserst entmutigend und entspricht selten der Realität.

 

Eine weitere Denkfalle ist das ewige «Was-ist-wenn». Die Gedanken kreisen unaufhörlich um Schwierigkeiten, Klippen und Hindernisse. Zu den realen Bedrohungen kommen Dinge und Umstände, die nicht existieren oder nur mit grösster Unwahrscheinlichkeit eintreten. Die Sorgen nehmen alsbald ein Ausmass an, dass die gesamte Person schwächt und ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.
Im Extremfall kommt es vor, dass selbst krisenerprobte Manager/innen plötzlich vom Klein-Hühnchen-Syndrom geschüttelt werden und sich verhalten wie das Kücken in einer bekannten amerikanischen Kindergeschichte. Das Hühnchen spaziert nichtsahnend durch die Gegend. Plötzlich fällt ein Ast vom Baum, direkt auf seinen Kopf. Klein-Hühnchen denkt sofort, dass der Himmel herunterfällt. Schreiend rennt es nach Hause, und wagt sich vorerst nicht mehr in die Welt hinaus.

Eine derart eingeschränkte Sicht führt garantiert zu Fehlentscheidungen. Dabei stand zu Beginn die Absicht, Fehler zu vermeiden.
«Ist der Fehler erst erkannt, wird die Sache interessant.» Fehler verhelfen zu Fortschritt, nur wenn nichts passiert, werden sie zum Bumerang! Zahlreiche Nebenprodukte der Weltraumforschung beweisen, dass Materialien mit einzigartigen Eigenschaften zumeist über Umwege entstehen.

 

Manchmal muss auch nachgeholfen werden. So haben diverse Strassenbauer/innen das Phänomen «der verlorenen Schaufel» erst auf Protest hin durchbrochen – und mittlerweile erfasst, dass es weder erklärbar noch ökonomisch ist, eine Hauptverkehrsstrasse mehrere Male hintereinander zu sperren, tiefe Löcher zu graben, diese wieder zuzuschütten, mit einer neuen Asphaltdecke zu überziehen und eine Woche später erneut aufzureissen. Es geht auch in einem Aufwisch!
Auf Kritik eingehen, Konflikte austragen, aus Fehlern die entsprechenden Schlüsse ziehen: Diese Eigenschaften machen den kreativen Fehlplaner/die kreative Fehlplanerin aus. Es müssen nicht gleich zusammenkrachende Bauten, hunderte Betroffene, Millionenlöcher in der Staatskasse und Ähnliches sein, sondern lediglich – oder gerade eben – der Mut zur Denkpause, zum Umkehren, zum Einhalt.

 

So wie die Frankfurter Stadtverwaltung, welche eine Kleinanzeige in der New Yorks Times aufgab, die U-Bahn-Waggons nach Übersee verkaufte und ihren Ort um eine Anekdote reicher machte.
Deshalb, und zum Schluss: Üben Sie sich in der Kunst, Fehler zu machen. So oft es nur geht, so mühevoll es ist, so ungewohnt es auch sein mag! Machen Sie Fehler! Und machen Sie etwas, aus Ihren Fehlern!!

 

[1] vgl. Freemann Arthur & DeWolf Rose. 1996. Die 10 dümmsten Fehler kluger Leute, Hamburg, Serie Piper