Drei Minuten für ein Filmzitat
Eine graue Maus, Prokurist, von Bankoberen für scheinbare Millionenverluste verantwortlich gemacht, sucht einen neuen Job. Blass, im blauen Anzug, mit verzweifeltem Blick. Erschöpft kommt er nach Hause, setzt sich ins Wohnzimmer. Wartet, bis seine Frau aus dem Kino zurückkehrt.
Zugang verschlossen
Als sie eintritt, unternimmt er gar nicht erst den Versuch, sich hoffnungsvoll zu geben. «Nichts» fasst er das Ergebnis zusammen. Cécile setzt sich zu ihm, hört zu, wie er die Szenerie der Auswahlverfahren schildert.
«Diese Typen, die ihre Zigarrenschachteln öffnen und dir nie eine anbieten.
So ging es den ganzen Tag.
Sie haben massenhaft Stellen zu vergeben. Das spürt man.
Nur: Sie machen ihre Zigarrenschachtel zu.»
Schweigen. Jean Louis Trintignant wird immer bleicher, ins Gesicht schleicht sich die Wut kaltgestellter Kader.Der Film würde nicht weitergehen, wenn er sich nicht doch aufmachen würde: Nicht um eine weitere Absage zu kassieren, sondern um mit Hilfe weniger Verbündeter das marode System aus den Angeln zu heben.
Leben und Fiktion
Oft wird die Welt mit dem Kino verglichen. Wir betrachten das emsige Treiben wie einen Film. Plötzlich trifft ein Streifen genau unser Lebensgefühl: Sei es als «moros» (traurige, hoffnungslose oder unharmonische Aspekte zeigend) oder als «loufoc» (närrisch, komisch, unrealistisch)[1].
Für viele spielt es keine Rolle mehr, ob sie sich eine Tragödie ansehen oder die Menschen auf der Strasse. Der Effekt ist derselbe: Das Geschaute wird zum Spiegelbild des eigenen Selbst.
Kommt es uns zu nahe, können wir uns immer noch distanzieren. «Gebildet, unglücklich, neurotisch und allein» wie sich Fritz Zorn bezeichnete. Und fortfuhr: «Wir sahen das Leben an, wie wenn es ein Film gewesen wäre; aber nicht einmal im Kino wollten wir annehmen, dass der Film vom Leben handelte». Zu nackt, kalt und brutal ist die Realität.
Schall und Rauch
Zurück zum Auftakt. Das Drama heisst «Das Geld der anderen». Am Schluss siegt ein Stück Gerechtigkeit. Das Finanzbusiness wird dadurch nicht besser. Dem Hauptdarsteller indes winkt eine Option. Und er ist sich gewiss, dass er sich nicht verbiegen liess. Weder für eine Havanna noch für eine Davidoff …
[1] Quelle: Fitz Zorn: Mars. Fischer Taschenbuch, 1996, S. 57 ff.