Wie schreibt man ein gutes Sachbuch?
… Falls man überhaupt ein solches schreiben will (und keinen Krimi oder Lyrikband). An und für sich mag ich sie nicht, Wertungen wie «gutes Buch» oder «schlechtes Buch». Wobei es bei der Literaturkritik wesentlich härter zugeht als bei der Beurteilung von Fachpublikationen, Romane deutlicher verrissen werden als eine Abhandlung zu Quantenphysik.
Ein gutes Sachbuch fasziniert, vermittelt Wissen und Zusammenhänge. Es regt zur Weiterführung an – nicht zuletzt trifft es aber den Nerv der Zeit, füllt eine Marktlücke, ist in sich einzigartig (sprachlich-textlich). Aus diesem Grund verwischen sich zusehends die Grenzen zwischen unterhaltendem Sachbuch und wissenschaftlicher Fachpublikation. Selbst Professoren dürfen witzig sein.
Perlentaucher
Bei den Recherchen gilt:
- planen und abgrenzen (dazu gehört neben dem eigenen Zeitmanagement die Auseinandersetzung mit der Konkurrenz sowie die konsequente Ausrichtung auf das Zielpublikum),
- sammeln und ausscheiden (das Material durchleuchten und neu zusammensetzen, den roten Faden im Auge behalten, nicht durch Detailverliebtheit glänzen),
- übersetzen und vereinfachen (wer etwas wirklich verstanden hat, kann es einfach erklären. Klare Gedanken spiegeln sich in klaren Worten[1] . Finger weg von gestelzten Formulierungen, verklausulierten Ausdrücken und hochtrabenden Begriffen).
Beweisen Sie Mut zur Lücke: Niemand erwartet alles von Ihnen! Einzelne Aspekte sind vernachlässigbar, andere eignen sich später für eine Fortsetzung. Anekdoten lassen sich für ein Interview, eine Radiosendung oder einen Fachartikel verwenden. Pikantes, Parodien und allzu Persönliches spart man sich mit Vorteil auf, für den intimeren Kreis [2] .
Gesucht wird …
Books on Demand brachte es in seinem Kundenmagazin auf den Punkt: «Ein guter Sachbuchautor ist Experte, Erzähler und Entertainer zugleich.» Nicht jede/r muss dieses Anforderungsprofil entsprechen, dennoch sollten die Verfasserinnen ein Gespür für Themen besitzen, sich auf ihrem Gebiet auskennen sowie schreiberisches Know-how aufweisen!
Zudem gilt: Verzicht auf Detailverliebtheit, minuziöse Auflistung oder Besserwisserei. Ein Buch ist keine Skriptsammlung! Das Resultat lässt sich an fünf Kriterien messen:
- Aufbereitung des Inhalts (objektiv, nachvollziehbar, fesselnd, spannend),
- Struktur (Lesbarkeit, Handlungszusammenhang, Einordnung in den Kontext),
- Lern-/Erinnerungshilfen (Zusammenfassungen, Hinweise für Schnellleser/innen),
- Praxisbezug (Tipps, Beispiele, Übungen),
- Ausstattung (Format, Illustrationen, Anhänge).
Bei Sachbüchern übt der Verlag grossen Einfluss aus hinsichtlich Programmplanung und Konzeption. Ob dies jeweils zum Vorteil gereicht und welche Kriterien dabei angewendet werden – Stichwort zahlende Autor/innen – sei dahingestellt.
Zu guter Letzt: Ich habe selten ein «reines Sachbuch» gesehen. Irgendwo versteckt sich meist ein Vers, ein Gedicht, ein Hauch Poesie.
BoD AKTUELL 32, Juli 2008, Seite 13
[1] Nach Prof. Dr. Erhard Schütz, Berliner Literaturwissenschaftler
[2] Es gibt überdies Themen, nach denen man nicht in einem Buch fahndet: weil sie zu pikant sind, brandneu oder äusserst spezifisch (Forschung, Wissenschaft, Technik etc.).